Vorsicht bei Diesel-Gebrauchtwagen: Händler verlangen Haftungsausschluss

11. Jul
Gebrauchtwagenhändler fordern von Käufern von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern aktuell, dass diese vor dem Kaufabschluss eine Kundeninformation unterzeichnen. Wir von VerbraucherHammer erläutern, was es damit auf sich hat.

Wer aktuell ein gebrauchtes Diesel-Fahrzeug von einem Volkswagen-Partner kaufen möchte, sollte sich diese Anschaffung sehr gut überlegen. VW-Gebrauchtwagenhändler müssen ihren Kunden nämlich neuerdings vor Abschluss des Kaufvertrages eine Kundeninformation vorlegen und unterschreiben lassen, durch die ein Haftungsausschluss aufgrund des Abgasskandals erfolgen soll. VerbraucherHammer liegt eine solche Kundeninformation vor.

Klage der Deutschen Umwelthilfe als Auslöser für die neue Hinweispflicht

Anlass für die neue Hinweispflicht ist ein Verfahren, das die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aktuell gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und Volkswagen führt. Die DUH ist der festen Überzeugung, dass das VW Software-Update, mit dem die Abgasreinigung von illegal manipulierten VW-Fahrzeugen normalisiert werden sollte, ebenfalls unzulässige Abschalteinrichtungen enthalten soll.

Demnach haben unabhängige Abgastests ergeben, dass upgedatete Fahrzeuge nach der Software-Aktualisierung teilweise mehr Stickoxide ausstoßen als vorher. Dies sei insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen, nach langanhaltendem Dauerbetrieb des Motors im Leerlauf und bei der Fahrt ab einer bestimmten Höhe über dem Meeresspiegel der Fall.

Volkswagen argumentiert, dass entsprechende Abschalteinrichtungen dem Schutz des Motors dienten und daher legal seien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied allerdings, dass solche Abschalteinrichtungen nur dann legal seien, wenn diese ausschließlich in Ausnahmefällen zum Einsatz kämen und vor unmittelbar auftretenden Gefahrensituationen oder Fahrzeugschäden schützen würden. Das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig entschied im Februar 2023 im Rahmen der DUH-Klage, dass das VW Software-Update diesen Anforderungen nicht gerecht wird.

VW-Kundeninformation: Wertverluste und Fahrzeug-Stilllegung sind möglich

Volkswagen und das KBA sind mittlerweile gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen, weshalb das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Allerdings scheint sich Volkswagen nicht sicher zu sein, in den nächsten Instanzen vor Gericht Erfolg zu haben. Wer einen gebrauchten Diesel mit entsprechenden Abschalteinrichtungen bei einem Volkswagen-Partner kauft, wird nämlich im Rahmen dieser Kundeninformation über mögliche Folgen aufgrund der verbauten Abschalteinrichtungen aufgeklärt – und die haben es in sich.

Konkret verweist VW in dem Schreiben darauf, “dass Rückrufe des Herstellers erfolgen oder Behörden Rückrufe oder andere Maßnahmen, auch gegenüber Fahrzeughaltern, anordnen könnten”. Weiter gibt VW sogar bekannt, dass die Fahrzeuge wegen der eingebauten Abschalteinrichtungen an Wert verlieren und sogar stillgelegt werden könnten. Letzteres würde dazu führen, dass die betroffenen Fahrzeuge nicht länger auf europäischen Straßen gefahren oder geparkt werden dürften.

Volkswagen fürchtet weitere Diesel-Klagen

Mit dem Schreiben, das fast alle Käufer von Diesel-Fahrzeugen aus den Baujahren 2000-2017 sowie einige Käufer von später hergestellten Dieseln unterschreiben sollen, möchte Volkswagen zukünftige Klagen aufgrund des Abgasskandals verhindern. Wer ein Fahrzeug mit Software-Update erwarb, konnte nämlich bis zuletzt davon ausgehen, dass dieses Auto die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt. Weil das offensichtlich nicht der Fall ist, könnten betroffene Fahrzeughalter in Zukunft Schadensersatzansprüche geltend machen.

Vor einer weiteren Klagewelle wegen des Abgasskandals hat VW offensichtlich so sehr Angst, dass sie sogar riskieren, ihren Vertragspartnern das Geschäft zu vermiesen. Der Verkauf von Gebrauchtwagen dürfte durch die zwingende Unterzeichnung der Kundeninformation nämlich definitiv nicht leichter geworden sein.

Kundeninformation sollte keinesfalls unterzeichnet werden

Wer plant, einen gebrauchten Diesel zu kaufen, sollte die Kundeninformation von VW keinesfalls unterzeichnen und stattdessen lieber den Kauf ein anderen Fahrzeugs in Erwägung ziehen. Im schlimmsten Fall kann es nämlich tatsächlich dazu kommen, dass illegal manipulierte Fahrzeuge nach einem Rückruf stillgelegt werden, somit wertlos sind und die betroffenen Fahrzeughalter aufgrund des Haftungsausschlusses keine Entschädigung für ihren Schaden erhalten.

Fahrzeughalter, die bereits einen Diesel-PKW mit VW Software-Update besitzen, sollten die aktuelle Entwicklung in der Sache aufmerksam beobachten und sich frühzeitig bezüglich möglicher Rechtsansprüche in der Sache informieren. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass das Software-Update von VW in den kommenden Monaten rechtskräftig als illegal bewertet wird und alle Fahrzeuge mit diesem Update zurückgerufen werden.

Ob VW die Abgasreinigung der PKW dann tatsächlich normalisieren kann, ist unklar. Die Gefahr einer Stilllegung ist also tatsächlich real. PKW-Besitzer, die im Rahmen ihres Fahrzeugkaufs keine Kundeninformation unterzeichnet haben, können dann allerdings Schadensersatzansprüche geltend machen.

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