Europäischer Gerichtshof: Umweltverbände dürfen PKW-Zulassungen anfechten

9. Nov
Sieben Jahre nach dem Bekanntwerden des VW-Abgasskandals könnte das Thema noch einmal richtig heiß werden. Verantwortlich hierfür ist ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Wir von VerbraucherHammer haben alle Infos zum Thema.

Teilweise klingt es in deutschen Medien lediglich wie eine Randnotiz: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Umweltverbände mit einem aktuellen Urteil gestärkt. Doch die Entscheidung der Luxemburger Richter gleicht einem Paukenschlag. Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) könnten nun nämlich europaweit zu mehr als fünf Millionen Rückrufen von Diesel-Fahrzeugen führen.

Deutsche Umwelthilfe verklagt Kraftfahrt-Bundesamt

Die DUH klagte bereits vor Jahren gegen das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), weil die Flensburger Behörde mehreren Fahrzeugen die Typgenehmigung erteilt hat, obwohl diese illegale Abschalteinrichtungen enthalten. Abschalteinrichtungen sind Software-Lösungen, die die Abgasreinigung von PKW-Modellen unter bestimmten Bedingungen herunterfahren oder ganz abschalten. Dadurch stoßen die betroffenen Fahrzeuge unerlaubt viele Schadstoffe aus.

Im Volksmund wurde diese Form der Manipulation im Jahr 2015 als Abgasskandal bekannt. Damals musste VW allein in Deutschland rund 2,4 Millionen Diesel-Fahrzeuge zurückrufen und ihre Abgasreinigung verbessern. Das Software-Update, das hierfür aufgespielt und zuvor vom KBA genehmigt wurde, enthält laut DUH allerdings ebenfalls eine illegale Abschalteinrichtung. Zudem geht die Umweltorganisation am Schleswig-Holsteiner Verwaltungsgericht (VG) auch gegen die Zulassung von Fahrzeugen von Herstellern wie Audi oder Mercedes-Benz vor.

EuGH bezieht eindeutig Stellung

Bereits im Jahr 2019 äußerten die Schleswiger Richter allerdings Zweifel, ob die DUH entsprechende Zulassungsbescheide überhaupt juristisch anfechten darf. Daher legte das Gericht dem EuGH mehrere Fragen vor, die Europas oberste Zivilrichter nun beantwortet haben. Dabei ging es unter anderem um die Klagebefugnis von Umweltorganisationen und die Voraussetzungen, die für die Zulassung einer Abschalteinrichtung erfüllt werden müssen.

Auf diese Fragen lieferte der Europäische Gerichtshof nun eindeutige Antworten. Demnach sei die Deutsche Umwelthilfe in der Sache in jedem Fall klagebefugt. Auch in Bezug auf die Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen positionierte sich das Gericht auf Seiten der DUH: “Eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Wirkung des Emissions­kon­troll­systems bei üblichen Temperaturen und während des überwiegenden Teils des Jahres verringert, stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar”, verkündete das Gericht.

Neue Diesel-Rückrufwelle könnte Europa bereits 2023 erreichen

Die DUH hält nun angesichts dieser Erläuterungen an ihren Klagen am Schleswig-Holsteiner Verwaltungsgericht fest. Der Verein sieht sich sogar in der Auffassung gestärkt, dass die PKW-Zulassungen, gegen die die DUH vorgeht, gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Die Umwelt-Organisation erwartet nun, dass sich das Schleswiger Verwaltungsgericht bereits zu Beginn des kommenden Jahres mit den ersten Verfahren der DUH befassen wird. Für die Automobilindustrie könnten die dann verkündeten Urteile enorme Folgen haben.

Allein in Deutschland werden wohl mehr als zwei Millionen PKW zurückgerufen werden müssen. Europaweit würde das Kraftfahrt-Bundesamt wohl sogar mehr als fünf Millionen Diesel-Fahrzeuge in die Werkstatt beordern, damit ihre Abgasreinigung normalisiert wird. Betroffene Fahrzeughalter hätten deshalb Anspruch auf Schadensersatz. Neben einer Rückruf- droht diversen Automobilherstellern daher auch eine Klagewelle.

Abgasskandal: Anspruch auf Schadensersatz kostenfrei prüfen

Wer ein illegal manipuliertes Fahrzeug gekauft hat, ohne von diesem Mangel zu wissen, wurde eindeutig betrogen. Vom Abgasskandal betroffene PKW können schwerwiegende Schäden erleiden und hohe Wertverluste hinnehmen. Deshalb besteht grundsätzlich die Möglichkeit, juristisch eine finanzielle Entschädigung durchzusetzen. Ein amtlicher Rückruf kann entsprechende Klagen enorm vereinfachen. Daher profitieren die betroffenen Fahrzeughalter in jedem Fall davon, dass das Schleswig-Holsteiner VG bald eine Entscheidung in der Sache verkünden wird.

Ob Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals bestehen und wie hoch diese ausfallen, können Diesel-Halter in wenigen Schritten mit dem Chat-Formular von VerbraucherHammer prüfen. Dieser Service ist komplett kostenfrei und ohne Vertragsbindung oder Ähnliches möglich. Im Anschluss besteht zudem die Option, sich von einem Abgasskandal-Experten über die rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren zu lassen – ebenfalls kostenlos und komplett unverbindlich.

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