Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Klägern im Abgasskandal

29. Jun
Ein aktuelles Urteil der Richter am deutschen Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Klägern im Abgasskandal. Künftig können diese selbst bei einer fahrlässigen Schädigung Schadensersatzansprüche erfolgreich durchsetzen.

Der Abgasskandal ist als einer der größten Wirtschaftsskandale in die deutsche Geschichte eingegangen. Allein in Deutschland haben etwa vier Millionen Menschen ein Fahrzeug, dessen Schadstoffemissionen im Normalbetrieb deutlich über den erlaubten Grenzwerten lagen, erworben. Schadensersatzansprüche in der Sache konnten bislang allerdings nur durchgesetzt werden, wenn dem verantwortlichen Hersteller eine sittenwidrige Schädigung nachgewiesen werden konnte. Das war in der Praxis nicht immer einfach. Am Montag entschieden die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) allerdings, dass im Abgasskandal selbst bei fahrlässiger Schädigung Anspruch auf Schadensersatz besteht.

BGH-Urteil vor allem bei Thermofenstern relevant

Das aktuelle BGH-Urteile stärkt die Rechte von Klägern im Abgasskandal enorm. Insbesondere in Bezug auf die Verwendung sogenannter Thermofenster stellte der BGH nämlich in der Vergangenheit fest, dass die verantwortlichen Autobauer sich höchstens fahrlässig schädigend verhalten haben und somit nicht haftbar gemacht werden könnten. Als Thermofenster werden Abschalteinrichtungen bezeichnet, die die Abgasreinigung eines Diesel-Fahrzeugs bei bestimmten Außentemperaturen teilweise oder sogar vollständig herunterfahren. Fast alle namhaften Hersteller haben Thermofenster entwickelt und verwendet.

Die Automobilindustrie argumentiert, dass Thermofenster dem Schutz des jeweiligen Motors dienen und deshalb legal seien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte allerdings eindeutig fest, dass Abschalteinrichtungen nur dann erlaubt sein können, wenn diese vor unmittelbaren Schäden oder Gefahrensituationen schützen und ausschließlich in Ausnahmesituationen zum Einsatz kommen. Die meisten Thermofenster schützen allerdings höchstens vor dem Verschleiß eines Motors und reduzieren die Abgasreinigung bereits ab Außentemperaturen unterhalb von 15 Grad. In Mitteleuropa sind diese Abschalteinrichtungen also fast ganzjährig im Einsatz.

Ein weiteres Urteil des Europäischen Gerichtshofes führte nun dazu, dass die BGH-Richter ihre bisherige Rechtsprechung zur fahrlässigen Schädigung im Abgasskandal noch einmal überdachten. Die EuGH-Richter verkündeten nämlich im März, dass die Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihnen ein Schaden entstanden ist. Dabei spielt es laut EuGH keine Rolle, ob dieser Schaden auf fahrlässige oder sittenwidrige Weise erfolgte. Das sahen die Richter am deutschen Bundesgerichtshof bis Montag noch anders.

So hoch fallen Schadensersatzansprüche bei fahrlässiger Schädigung aus

Am Bundesgerichtshof wurde nun entschieden, dass bei fahrlässiger Schädigung im Abgasskandal Anspruch auf den sogenannten Differenzschadensersatz besteht. Das bedeutet, dass betroffene Fahrzeughalter ihr manipuliertes Auto zwar behalten müssen, aber den ursprünglichen Kaufpreis nachträglich reduzieren können. Schließlich hätten sie ihr Auto sicher nicht zu denselben Konditionen erworben, wenn sie zum Kaufzeitpunkt von den Manipulationen und den daraus resultierenden Folgen gewusst hätten.

Künftig können betroffene Fahrzeughalter daher zwischen 5 und 15 Prozent ihres ursprünglichen Kaufpreises als Differenzschadensersatz geltend machen. Wie hoch diese Summe im Einzelfall ausfällt, muss der jeweilige Tatrichter entscheiden. Ein verbraucherfreundliches Urteil können die beklagten Autobauer nur verhindern, wenn sie nachweisen, dass sie sich nicht fahrlässig schädigend verhalten haben. Dafür müssten sie beispielsweise belegen, dass die verwendete Abschalteinrichtung gegenüber der zuständigen Kraftfahrt-Behörde noch vor der Erteilung der Typgenehmigung offengelegt wurde.

VerbraucherHammer prüft Schadensersatzansprüche im Abgasskandal kostenfrei

Die aktuelle Entscheidung vereinfacht die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Abgasskandal für Hunderttausende PKW-Besitzer, die ihre bestehenden Ansprüche in der Sache bislang noch nicht durchgesetzt haben. Betroffene Fahrzeughalter können in Zukunft neben dem kleinen und großen Schadensersatz bei sittenwidriger Schädigung auch Ansprüche auf Differenzschadensersatz bei fahrlässiger Schädigung geltend machen.

Ob Schadensersatzansprüche wegen des Abgasskandals bestehen und wie hoch diese ausfallen, können Diesel-Halter in wenigen Schritten mit dem Chat-Formular von VerbraucherHammer prüfen. Dieser Service ist komplett kostenfrei und ohne Vertragsbindung oder Ähnliches möglich. Im Anschluss besteht zudem die Option, sich von einem Abgasskandal-Experten über die rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren zu lassen – ebenfalls kostenlos und komplett unverbindlich.

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